04.04.2017
Einwendungen gegen Umfahrung Weißenfeld/Parsdorf

Notwendigkeit der Baumaßnahme (Kapitel 2; die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf den Erläuterungsbericht)

Die Notwendigkeit der Ortsumfahrung (OU) Parsdorf wird mit einem Versprechen von Gemeinderat und Bürgermeister an die Parsdorfer begründet, "dass durch das neue Gewerbegebiet das Verkehrsaufkommen unter keinen Umständen erhöht werde." (ESZ v.11.9.14). Bei der Gestaltung des Bebauungsplans wurden aber die notwendigen Umgehungsmöglichkeiten nicht bedacht. Vielmehr wurde das Gebiet vom Ortsrand bis zur Autobahn komplett zugebaut, was letztlich den jetzt geplanten kostspieligen Umweg nördlich der Autobahn erfordert. Durch eine zeitlich befristete Vereinbarung mit dem Investor hat man sich zusätzlich unter Zeit- und Lösungsdruck gebracht, der die Möglichkeiten unnötig einschränkt.

Demgegenüber ergibt sich die Notwendigkeit einer Ortsumfahrung (OU) Weißenfeld primär aus aus dem schon seit Jahrzehnten bekannten Problem des  Ausweichverkehrs von der B304 Richtung München (Punkt 1.2, S.13 bzw. Punkt 2.2, S.19) und nur zum geringeren Teil  auf die Erweiterung des Gewerbegebiets in Parsdorf. In Weißenfeld liegt der Anteil des Durchgangsverkehrs danach bei über 90 %, in Parsdorf bei 55%. (s.a. Verkehrsuntersuchung Kurzak / VUK S.2: "Jedoch sind die täglichen Stauungen auf der B 304 im Bereich Baldham so stark, daß die EBE 4 über Weißenfeld für immer mehr Autofahrer eine gern befahrene Verbindung darstellt.").

Dieser Teil der Umgehung ist also primär ein regionales Problem und müsste, da es eine Kreisstraße ist, auch von diesem finanziert werden. Demgegenüber liegt aber der Anteil des Kreises am Gesamtprojekt nur bei 2'5 (S.120) von 18'7 Mio.€ (Anl.1, S.130; ohne Grunderwerb). Die Hinweise (s.u.) sprechen dafür, dass ein Ausbau oder eine weiträumige Entlastung der B304 unabdingbar ist. Lokale Lösungen sind dann weitgehend überflüssig.

Auch die Argumente zur Reduzierung der Verkehrsbelastung in den Ortschaften sind zu relativieren:

Aus der mehrfach erwähnten Verkehrsuntersuchung aus dem Jahre 2007 (Messungen zwischen 2002 und 2006; s.a. S.161) werden auch die Relationen in der Verkehrsbelastung zwischen den hier behandelten Ortschaften und dem zentralen Gemeindeteil ersichtlich. So wurden damals für Weißenfeld 8000 Fahrzeuge, für Parsdorf 6000 und für Hergolding 4000 (2014 lt. VUK 4.400; Progn. 2030 5.700) ermittelt. Demgegenüber war die Möschenfelder Straße (EBE17), die in wesentlich größerem Umfang von reiner Wohnbebauung begleitet wird, schon damals mit bis zu 12.000 Fahrzeugen wesentlich stärker belastet, ebenso die Karl-Böhm-Straße mit 8000 Fahrzeugen. Diese Belastung wird vermutlich ähnlich zunehmen wie in den Ortschaften und in der Möschenfelder-/Dorfstraße durch das Baugebiet VAT-NW noch einmal zusätzlich deutlich erhöht werden, was die Gemeinde nicht daran gehindert hat, entlang der Dorfstraße Wohnbebauung anzusiedeln. So wird auch unter 3.3.2 (Seite 44) darauf hingewiesen, dass bei der Vorzugsvariante auf der EBE 17 mit einer zusätzlichen Verkehrsbelastung gerechnet werden muss, die sich negativ auf den Ortsbereich Vaterstetten (Dorfstr./Möschenfelderstr.) auswirkt.

Im Vergleich dazu wirken die Klagen über die Belastungen in den 3 Ortschaften überzogen. Bei den direkten Anliegern in Weißenfeld handelt es sich überwiegend um landwirtschaftliche oder gewerbliche Bauten, deren Eigentümer die Umgehung zum Teil ausdrücklich nicht für notwendig halten und sich als Eigentümer der für die Umfahrung erforderlichen landwirtschaftlichen Flächen weigern diese zu verkaufen. Wenn im Erläuterungsbericht (S.61) bei den Grundeigentümern lediglich "eine gewisse Akzeptanz für die ortsfernen Varianten 7, 8 b und 8 c" konstatiert wird, ist dies schon sehr beschönigend.

Aus heutiger Sicht wird daher eine Zwangsenteignung derer erforderlich sein, denen man angeblich Gutes tun will. Der Verkehr von Weißenfeld Richtung Parsdorf ist von 2003-2014 nur um 5 % bzw. 9 % gestiegen (VUK S.2) was die Behauptung, die Verkehrszunahme in Weißenfeld von insgesamt +24% resultiere überwiegend aus der Erweiterung des Gewerbegebietes Parsdorf (VUK S.3) als irreführend erscheinen lässt. Fragwürdig ist auch die Tatsache, dass im Verkehrsgutachten (S.2) im südlichen Teil der EBE17 4400 Fahrzeuge (+5%) und im nördlichen 4800 (+9%) ausgewiesen werden, obwohl es auf der Strecke keine Abzweigungen gibt.

Auch in der Ortsmitte Parsdorf (Dorfplatz) handelt es sich überwiegend um gewerbliche Bauten (Autowerkstatt, landwirtschaftliche Halle, altes Rathaus, 2 Gaststätten, Kirche). Wohnbebauung ist in stärkerem Umfang nur in der Weißenfelder Straße betroffen, deren Belastung mit 4800 Fahrzeugen im Vergleich (s.o.) noch durchaus zumutbar ausfällt

Hergolding ist ein Weiler, der entlang der Straße fast nur aus gewerblich genutzten, ehemaligen landwirtschaftlichen Gebäuden besteht. Der Anstieg der Verkehrsbelastung zwischen 2003 und 2014 von nur 16 % gegenüber 30 % auf der EBE4 Richtung Weissenfeld (Kz. S.6) deutet darauf hin, dass der Weg durch das Gewerbegebiet zur Anschlussstelle Parsdorf (A94) nicht übermäßig in Anspruch genommen wird. Angesichts des zunehmenden Verkehrschaos im Gewerbegebiet ist auch nicht erkennbar, dass sich dies in Zukunft nennenswert ändern sollte. Lt. VUK S.5 beträgt der Durchgangsverkehr hier nur 1600 Fahrzeuge. Auf die geringe Attraktivität dieser Strecke für den Durchgangsverkehr haben die Freien Wähler bereits in ihrem Antrag vom 1.9.14 hingewiesen.

Aber die durch die Feststellungstrasse zu erreichenden Verkehrsreduzierungen sind auch nach diesem Gutachten nur durch zusätzliche "Verkehrsberuhigung" in den Ortsdurchfahrten, die "Durchfahrt erschwerende Maßnahmen" und Rückbau zu erzielen (P.2.5.2, S.25; P.2.6, S.27). So z.B. Durchfahrtsverbot in Parsdorf (Kz. S.15), Sperrung der Feldkirchener Straße östlich von Weißenfeld (bis zur Umfahrung; Kz. S.19), in Hergolding eine Sperre der Anbindung an die EBE 4. Also eine Vergewaltigung der Bürger, die zwar die Kosten mittragen dürfen, um sie zu Umwegen auf einer offensichtlich ungeeigneten Trasse zu zwingen. Es ist hier eine ähnlich geringe Akzeptanz zu erwarten wie bei der Ortsverbindung Grafing-Ebersberg (EZ v.17.3.17). Bereits auf der Bürgerversammlung in Parsdorf 2016 wurde zum Ausdruck gebracht, dass man für die Fahrt ins Gemeindezentrum nicht den Umweg über das Gewerbegebiet (im Volksmund: “Kreiselfeld“) hinnehmen würde. Dies dürfte umgekehrt auch für die Einwohner des Ortszentrums für die Fahrt ins Gewerbegebiet gelten.

Vergleich und Auswahl der Varianten (Kapitel 3)

Auf S.106 des Erläuterungsberichts wird betont, dass das öffentliche Interesse auch „überwiegend“ sein muß. Insofern war die Begrenzung der Bürgerbefragung auf die 3 angrenzenden Ortschaften fragwürdig. Die wesentlich größere Zahl betroffener Verkehrsteilnehmer, die größtenteils als Gemeinde-oder Landkreis-Bürger auch an den Kosten beteiligt werden, wurde nicht gefragt, obwohl sich auch Bürgermeister Reitsberger für eine Abstimmung in der ganzen Gemeinde eingesetzt hatte (EZ vom 20.8.14).

Daher war diese Befragung auch nicht rechtlich bindend.

Sowohl diese Einschränkung sowie auch manipulative Fragestellungen sollten helfen, das gewünschte Ergebnis zu erzielen. So äußerte laut ESZ vom 14.9.11 eine Parsdorfer Arbeitsgruppe Orts- und Verkehrsentwicklung bezüglich einer Befragung in ganz Vaterstetten: "Es wäre sehr wahrscheinlich, dass sich die Mehrzahl der Bürger in Vaterstetten und Baldham gegen eine Umgehungsstraße aussprechen würden."

Aus der Fragestellung ("Ich befürworte den Bau der Ortsumfahrung Weißenfeld") ging nicht klar hervor, für was für eine Umfahrungsvariante man ist, ob man auch für eine Teillösung wäre, ob man die Ausgabe von 600.000 € für eine lärmtechnisch sinnlose Tieferlegung befürwortet, u.s.w. Es wurde vielmehr suggeriert, bei Ablehnung gäbe es auf lange Zeit gar keine Entlastung. Wer sagt da schon Nein? Mit Ja haben 732 Bürger gestimmt, nicht gefragt wurden die angeblich 12.000, die diese Straße jeden Tag benutzen. Es ist schon beachtlich, dass unter diesen Umständen immerhin ein Viertel der Abstimmenden dagegen war.

Die Untersuchung von 14 Varianten war aufgrund der zweifachen Überquerung der Autobahn, den damit verbundenen Umwegen und Mehrkosten schon im Ansatz verfehlt. Es wurde ein Anschein von Gründlichkeit erweckt, der darüber hinweg täuscht, dass andere, auch großräumige Entlastungslösungen (s.u.) nicht ernsthaft untersucht bzw. mit oberflächlichen Argumenten beiseite gewischt wurden. Dem Gutachter (Verkehrsuntersuchung Kurzak v. 30.12.16, abgekürzt VUK) fällt dazu nicht mehr ein als "sind zeitlich überhaupt nicht absehbar und deshalb gleichzusetzen mit 'Nichtstun = billigste Lösung für die Gemeinde'" (VUK S.12). Inzwischen läuft die Planung seit mehreren Jahren, diese Zeit wurde sinnlos vertan. Dass die anderen untersuchten Varianten in einigen Details noch schlechter sind, macht aus der Feststellungstrasse noch keine gute Variante.

Dass sich die meisten untersuchten Varianten nur geringfügig unterscheiden, wird durch verschiedene Aussagen im Erläuterungsbericht belegt, z.B. unter 3.3.1 (S.42): "Die verschiedenen Varianten (4 b, 7, 8 b und 8 c) unterscheiden sich nur kleinräumig voneinander, eine generelle unterschiedliche raumstrukturelle Wirkung ist nicht zu berücksichtigen." Unter 3.3.2 (S.46) heißt es: "In Summe sind die drei Varianten 7, 8 b und 8 c in puncto Verkehrsqualität wie auch Verkehrssicherheit als gleichwertig zu betrachten." Auch bezüglich der Wirtschaftlichkeit liegen die Unterschiede bei den untersuchten Varianten im einstelligen Bereich (S.67).

Die Ablehnung des Vorschlags der Freien Wähler (Anlage 6, Vorschlag A; siehe links) ist auf eine unvollständige Betrachtung zurückzuführen, die zu einem fehlerhaften Ergebnis führt. So wird nur die Auswirkung des mittleren Abschnitts berücksichtigt, aber nicht die darin enthaltenen weiträumigen Entlastungseffekte. Im Antrag vom 1.9.14 hieß es klar: “Allerdings wäre dies nur eine Teillösung.“ Deshalb ist der Kritikpunkt "nur geringe Entlastung der 3 Ortschaften" nicht zutreffend.

Bezüglich Parsdorf führt die alte B12-Trasse nicht wie behauptet "in die Ortslage hinein", sondern bildet eine klare Trennung von Wohn- und Gewerbegebiet. Von Verschlechterungen (S.169) kann man nicht sprechen, weil die Entlastungswirkung im Ortskern deutlich größer ist und wesentlich mehr Anwohner betrifft als die gegenüber der früheren B12 deutlich geringere Belastung von gerade einmal 9 Häusern an deren Nordseite, die unter einer Böschung liegt und durch Schallschutzmaßnahmen zusätzlich gemindert werden könnte.

Bezüglich  der  Nutzung  der  B12-Trasse  wurden im Antrag bewußt keine Details der Straßenführung und Anbindung angesprochen, da dies den zuständigen Fachleuten überlassen werden sollte. Natürlich ist es nicht optimal, wenn man eine aufwendig zurückgebaute Straße  teilweise  reaktivieren  muß, aber das ist eine Folge der geschilderten Versäumnisse.

Während die überraschende Reduzierung der 40-m-Anbauverbotszone nördlich der A94 einen Vorteil für die Variante 8c gegenüber der im Plan gezeigten Vorzugstrasse 7 ergab bzw. diese erst möglich machte, wurde eine entsprechende Lösung südlich der Autobahn, die zuvor aus Platzmangel verworfen wurde (Bürgermeistervariante/Vorschlag B; s.a. VUK S.10), nicht weiter untersucht, obwohl diese auch für den FW-Vorschlag eine Alternative zur B12-Trasse darstellen könnte (S.169/170). Auch das Einknicken der Autobahndirektion (ABDSB) bezüglich der Reduzierung der Anbauverbotszone kurz nach einem Wechsel in der Leitung wäre einer näheren Untersuchung wert.

Auch die Südwestumgehung von Weißenfeld (der in einer früheren Befragung 66 % der Weißenfelder zugestimmt haben; Präsentation Schüßler-Plan v.6.5.14) im FW-Vorschlag war nur als ergänzende Lösung zur Entlastung Weißenfelds vom innerörtlichen Verkehr gedacht. Eine größere Entlastung für Weißenfeld könnte durch eine Weiterführung der südlichen Umgehung nach Osten bis zur EBE 4 erfolgen. Darauf wurde in dem Vorschlag wegen der darin enthaltenen weiträumigen Lösungen bewusst verzichtet, die nicht nur Weißenfeld weitgehend vom Durchgangsverkehr entlasten würden, sondern auch den laut Verkehrsgutachten (VUK S.8) hochbelasteten und stauempfindlichen Knoten M1/M18 in Feldkirchen, was bei der Feststellungstrasse nur teilweise der Fall ist. In Verbindung mit einer B471-Lösung könnte auf die Südumgehung Weißenfeld u.U. ganz verzichtet werden (deshalb nur gestrichelt eingezeichnet).

Absurd ist vor allem der Kritikpunkt im Verkehrsgutachten (VUK S.11/12): "Es ist eine Illusion zu glauben, den Verkehr der EBE 4 über die Vaterstettener  Straße  zur  Westumfahrung  ableiten  zu  können. Das wäre nur mit einer Totalsperre der Feldkirchener Straße zwischen Vaterstettener Straße und Ortsmitte möglich.", denn genau dies hält der Gutachter selbst auch für seine Vorzugsvariante 8c notwendig.

Auch die im Verkehrsgutachten (VUK S.11) kritisierte Prognosebelastung am Dorfplatz in Parsdorf und Hergolding resultiert nur aus nicht berücksichtigten weiträumigen Entlastungen.

Nicht berücksichtigt werden auch neue Erkenntnisse im weiteren Umfeld. Im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan VAT-NW (rd. 1.500 Einwohner) hat die Nachbargemeinde Grasbrunn Einspruch eingelegt wegen der zu erwartenden Verkehrszunahme an der Einmündung Möschenfelderstraße in die B304 und die Nachbargemeinde Haar wegen der zusätzlichen Verkehrsbelastung in Ottendichl, die auch durch den Feststellungsentwurf kaum vermindert würde. So hat die Haarer Bürgermeisterin Gabriele Müller laut einem Bericht der EZ vom 25.2.17 gefordert:“ Wir können in der Region München nicht mehr mit einer isolierten Betrachtungsweise an Planungen herangehen. Wir müssen eine Verkehrslösung für den ganzen Münchner Osten finden, zum Beispiel die Verlegung der B471 an die A 99, die seit Jahrzehnten diskutierte Autobahnparallele." Es gibt auch bereits Gespräche der Bürgermeister der Region zu Verkehrsproblemen. Denkbar ist auch, den im Zuge der Autobahnverbreiterung erforderlichen Neubau der Unterführungen für neue Lösungen zu nutzen. So könnte die Ottendichlerstraße von einer Südumgehung Weißenfeld direkt an die Autobahnanschlussstelle Feldkirchen Ost geführt werden und damit sowohl Weißenfeld als auch die Kreuzung M1/M18 in Feldkirchen entlasten - eine weitere nicht untersuchte Alternative.

Den Verkehr aus Richtung Wolfesing durch Weißenfeld - Hauptursache für die gewünschte Umfahrung (s.o.) - könnte man durch eine Verbindung zwischen der B 304 bei Zorneding mit der Einmündung der Flughafentangente-Ost (FTO) in die A94 bei Anzing nicht nur von Weißenfeld, sondern auch von der B304 fernhalten. Dort ist bereits ein Brückenbauwerk vorhanden, das also eingespart werden könnte. Unverständlich bleibt, warum der Gemeinderat Vaterstetten diese Verbindung bereits im April 2010 abgelehnt hat - unter anderem deshalb, weil eine solche Straße noch mehr Verkehr auf das Gemeindegebiet ziehen würde. Genau das Gegenteil ist der Fall: nicht nur die beanstandete Belastung der 3 Ortschaften würde weitgehend entfallen, auch Purfing und Neufahrn würden entlastet. Solange man diese Alternative nicht genauso ernsthaft untersucht wie die anderen 14 Varianten, sind solche Einwände nicht akzeptabel.

Zudem meldet z.B. die EZ vom 21.3.17 (Mehr Platz für mehr Verkehr, S. 1), dass es bereits seit 2010 Pläne für einen weiteren Ausbau der FTO als "wichtigste Nord-Süd Verbindung im nordöstlichen Oberbayern" gibt, was auch die IHK und der Landrat für notwendig halten, da die Mobilität der Menschen im Landkreis Ebersberg schnell gestärkt werden müsse. Warum das für den Abschnitt südlich der A 94 nicht gelten soll, ist gerade aus den o.g. Gründen nicht nachvollziehbar.

In diesem Zusammenhang ist auch die Belastung der B304 zu berücksichtigen, die bereits 2010 im Bereich Vaterstetten mit rd. 17.500 Fahrzeugen weit über dem Durchschnitt der Bundesstraßen in Bayern mit 10.057 Kfz/24h (S.105) lag. Das beweist, dass eine weiträumige Lösung unvermeidlich ist.

Gestaltung der Baumaßnahme (Kapitel 4)

Bei Kosten, Flächenverbrauch und Fördermitteln sind verschiedene Widersprüche enthalten.

Die Kosten der Variante 8c sind mit 18'7 die höchsten. Ursprünglich waren es mit 15'1 die zweithöchsten (Präsentation Schüßler-Plan vom 5.6.14), die anderen Varianten lagen zwischen 8'5 und 16'6. Inwieweit die angesprochenen Rückbauten (Weißenfeld, Hergolding) und die "Umbauten zum verkehrsberuhigten Bereich in der Ortsmitte von Weißenfeld und Parsdorf" (VUK S.14/15) in den Projektkosten enthalten sind, ist nicht klar. Ebenso fehlen darin die Kosten für den erforderlichen Grunderwerb (mindestens 3'5 Mio. €).

Der Flächenverbrauch war schon damals mit 12,9 ha mit am größten, die anderen Varianten lagen bei 8,9-12,9 ha. Jetzt wird auf S.58 eine Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Fläche von 8,7 ha genannt. In einem anderen Gutachten (Bosch&Partner vom 23.4.15) wird ein Flächenbedarf von 13,7 ha genannt. Diese eklatanten Widersprüche sind erklärungsbedürftig, zumal sie eine erhebliche Kostenauswirkung haben dürften.

Wieso die Fahrzeiten bei der kürzesten Strecke (Variante 4b) am höchsten sein sollen (S.52/53 bzw. Anl.1), erschließt sich nicht.

Beim FW-Vorschlag wird auf S.168 eine negative Auswirkung auf die Förderfähigkeit kritisiert, die Details der Förderungsmöglichkeiten werden aber in dem ganzen 172-seitigen Pamphlet nicht erwähnt. Lediglich im Faltblatt zur Bürgerbefragung wird erwähnt, dass die staatlichen Zuwendungen 45% betragen (von den Gesamtkosten oder dem Gemeindeanteil?). Bei Gesamtkosten von derzeit 18'7 (Anl.1, S.129 bzw. Punkt 7 ab S.120) dürften bei der Gemeinde dann vermutlich nach den Zuschüssen von LKR 2'5 (S.120), Investor 4'5 (mit Termin 31.12.23) und Staat mindestens 3'4 hängenbleiben (ohne Grunderwerb, Rückbau). Bei einer derartigen Ungenauigkeit eine Entscheidung zu treffen ist unverantwortlich.

Bei den Kosten werden nur die untersuchten Varianten verglichen, der Vergleich mit dem Ist-Zustand (VUK Plan 1/2) wäre aufschlußreicher. So beträgt der Weg von Hergolding (EBE4-Abzweigung) bis zum Gewerbegebiet (Segmüller) auf der geplanten Umfahrung rd. 7,2 km, über Hergolding/Parsdorf (Parsdorfer Straße) rd. 3,1 km, also rd. die Hälfte. Der Umweg auf der OU Weißenfeld beträgt mit 2,2 km (3,65 / 1,5 km) ebenfalls rd. das Doppelte.

Die Mehrkosten für die Autofahrer ergeben beim prognostizierten Verkehrsaufkommen grob geschätzt für die OU Parsdorf 850.000 €/p.a. und für die OU Weißenfeld 400.000 €/p.a.

Dem steht aber aufgrund von Qualitätsmängeln der Trasse keine Zeitersparnis gegenüber - ganz im Gegenteil:

Obwohl teilweise Entwurfsklasse 3 erforderlich wäre (Punkt 1.2 S.11), wurde darauf verzichtet. Die Kreisverkehre haben selbst nach der optimistischen Einschätzung des Verkehrsgutachters teilweise Qualitätsstufe C, was bedeutet " Die individuelle Bewegungsmöglichkeit hängt vielfach vom Verhalten der übrigen Verkehrsteilnehmer ab, die Bewegungsfreiheit ist spürbar eingeschränkt."

Gemäß  den  durchgeführten  Nachweisen  der  Verkehrsqualität  nach  HBS  [3]  erreichen die geplanten Umfahrungen in den Bereichen der durchgehenden Strecke die geforderte Verkehrsqualitätsstufe D. Das ist die Mindestanforderung, sie beschreibt einen noch stabilen Verkehrszustand, in dem jeder einzelne Verkehrsteilnehmer auch deutliche Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit hinnehmen muss; so ist etwa die individuelle Geschwindigkeitswahl teilweise erheblich eingeschränkt. Auf Streckenabschnitten von Landstraßen kann es bereits zu ausgeprägten Kolonnenfahrten kommen.

Dass im Abschnitt OU Weißenfeld die Überholsichtweite unter Berücksichtigung der Knotenbereiche in beiden Fahrtrichtungen auf jeweils ca.1.200 m ermöglicht wird (1.2, S.14),  somit in etwa auf 1/3 der Abschnittslänge bzw. ca. 25 % der Gesamtlänge, ist zu bezweifeln. Offensichtlich wurde hier übersehen, dass die Straße mit Mehrkosten von 600.000 EUR tiefer gelegt wird (Quelle: Flyer). Die Behauptung (S.65) einer "Bereitstellung ausreichender Überholmöglichkeiten" bzw. "hinreichend großer Knotenpunktabstand" (S.66) ist deshalb fragwürdig.

Dazu hieß es in einer Bürgerinformation "Lebendiges Vaterstetten": “Für die Tieferlegung  der  Umgehungsstraße um etwa 1,50 m im Bereich der Umfahrung Weißenfeld würden Mehrkosten in Höhe von etwa 600.000 Euro entstehen. Aus der Tieflage der Trasse würde sich ein weiterer Flächenbedarf an landwirtschaftlich genutzten Flächen im Ausmaß von ca.  5.500 m² ergeben; Laut den Fachexperten besteht weder aus fachlichen (z.B. Sichtbeziehungen, bautechnische Anforderungen) noch aus immissionsschutzrechtlichen Gründen die Notwendigkeit für eine Tieferlegung der Trasse. Bei einer Tieferlegung der Trasse ist die Überholsicht nur auf 20% der Strecke gegeben, weswegen dann ein Überholverbot einzurichten wäre. Die Verbesserung der Lärmsituation wird mit einer Lärmreduzierung von nur 0,1 bis 0,2 dBA beziffert, was für ein menschliches Ohr kaum wahrnehmbar ist." Trotzdem wurde es im "Interesse der Bürgerschaft" - also aus irrationalen Gründen - versprochen..

Für den Abschnitt OU Parsdorf wird auf S.66 ein "ausreichender Anteil an Überholabschnitten" behauptet, auf S.14 das Gegenteil nachgewiesen ("limitieren zum einen die Fahrzeug-Rückhaltesysteme (Leitplanken?) und zum anderen die Fledermausschutzwände die Überholsicht. Ab dem Kreisverkehr nördlich der Autobahn beträgt die verbleibende Länge des Abschnittes OU Parsdorf bis zur Anbindung an den Abschnitt OU Weißenfeld nur noch etwa 570 m, wodurch die 600 m nicht erreichbar sind.")

Die "vorausschauende und stetige Fahrt" (S.14) wird auf Kolonnenfahrten hinter Lastwagen mit Tempo 60-70 hinauslaufen, wie das z.B. auch auf den Umgehungen Zorneding und Ebersberg oder der FTO bei Erding der Fall ist. Bei letzterer hat man schon bald nach der Fertigstellung eingestanden, dass sie unzureichend ist (s.o.). Dass sich der Schwerverkehrsanteil von 6 % nicht wesentlich ändert (S.83) ist angesichts der Anbindung an die Autobahn ohne Ortsdurchfahrten anzuzweifeln. Eine Knotenpunktgeschwindigkeit von 70 km/h (S.90) ist illusorisch.

Aus den genannten Gründen dürfte sich die Fahrzeit gegenüber den aktuellen Strecken nicht verringern, sondern (abgesehen von Spitzenzeiten) eher erhöhen, zumal diese zum Teil auf gerader Strecke mit Tempo 100 befahrbar sind. Damit erfüllt die Umgehung bereits jetzt teilweise nicht die Mindestanforderungen, ganz zu schweigen von einem künftigen Verkehrsanstieg. So etwas zu bauen ist unverantwortlich, vor allem angesichts der Kosten und möglicher günstigerer Alternativen.

Der Ausweichparkplatz P3, der laut Erläuterungsbericht bereits jetzt unterdimensioniert ist (S.16), wird durch den Streckenverlauf weiter beeinträchtigt (s.a. S.56 bzw. Anl.1, S.132 "wird zerteilt"). Eine Lösung und die Zahl der verbleibenden Parkplätze wird nicht spezifiziert. Es wird lediglich auf Seite 61 erwähnt, dass der Platz nur an besonders nachgefragten Einkaufstagen benötigt würde und baurechtlich ohnehin nicht genehmigt sei.

Fazit: Von einem durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleiteten staatlichen Handeln (S.105) kann nicht die Rede sein.

Alle Untersuchungen stützen sich nur auf Gefälligkeitsgutachten eines Verkehrsgutachters, der auch in Fachkreisen umstritten ist (s.Anl.). Es fallen auch immer wieder Unstimmigkeiten auf (s.o.).

Wir fordern deshalb, anhand eines unabhängigen Gutachtens und unter Berücksichtigung auch der weiträumigen Varianten in Abstimmung mit den Landkreisen Ebersberg und München das ganze Vorhaben zu überprüfen.